Unternehmen – Rechtsformen, Besonderheiten, Haftung, Steuern & Finanzierung
Ein Unternehmen zu führen heißt, Rechtsform, Haftung, Steuern, Finanzierung und Governance im Griff zu haben. Die Wahl der passenden Unternehmensform beeinflusst Risiko, Flexibilität, Kosten, Nachfolgefähigkeit und den späteren Unternehmensverkauf. Dieser Beitrag erklärt die wichtigsten Unternehmensformen in Deutschland, zeigt ihre Unterschiede und gibt praxisnahe Entscheidungshilfen – von der Gründung bis zur Unternehmensnachfolge.
Schnellüberblick: Welche Rechtsform passt?
- Haftungsrisiko gering halten? → Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG).
- Schlanke Gründung & wenig Formalismus? → Einzelunternehmen, GbR.
- Steuerliche Transparenz (Einkommensteuer) statt Körperschaftsteuer? → Personengesellschaft (GbR, OHG, KG, GmbH & Co. KG).
- Fremdkapital/Investoren oder Börse? → AG, in Einzelfällen KGaA.
- Berufsträger (Anwälte, Ärzte, Architekten)? → PartG/PartGmbB.
- Mitgliederbeteiligung & Gemeinschaftszweck? → eG (Genossenschaft).
- Gemeinnützigkeit? → gGmbH (oder gUG).
Die Rechtsformen im Detail
1. Einzelunternehmen
- Definition: Natürliche Person betreibt Unternehmen allein.
- Gründung: Formlos (Gewerbeanmeldung), optional Handelsregister (e. K.).
- Haftung: Unbeschränkt mit Privatvermögen.
- Kapital: Kein Mindestkapital.
- Leitung/Organe: Inhaber führt allein.
- Steuern: Einkommensteuer, Gewerbesteuer, USt.
- Besonderheiten: Geringe Formalien, hohes privates Risiko.
- Übertragung/Exit: Asset-Verkauf; Unternehmensverkauf oft über Asset Deal.
2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
- Definition: Mind. zwei Personen, einfacher Gesellschaftsvertrag.
- Gründung: Formfrei, empfehlenswert schriftlich.
- Haftung: Persönlich, unbeschränkt, gesamtschuldnerisch.
- Kapital: Kein Mindestkapital.
- Leitung/Organe: Gesellschafter gemeinschaftlich.
- Steuern: Transparenz: Gewinnanteile → Einkommensteuer; GewSt bei gewerblicher Tätigkeit.
- Besonderheiten: Sehr flexibel, aber Haftungsrisiko.
- Übertragung/Exit: Eintritt/Austritt vereinbaren; Umwandlung in GmbH/UG möglich.
3. Offene Handelsgesellschaft (OHG)
- Definition: Personenhandelsgesellschaft für Kaufleute.
- Gründung: HR-Eintragung, Gesellschaftsvertrag.
- Haftung: Unbeschränkt für alle Gesellschafter.
- Kapital: Kein Mindestkapital.
- Leitung/Organe: Jeder Gesellschafter vertretungsbefugt (abweichbar).
- Steuern: Transparenzprinzip, GewSt.
- Besonderheiten: Hohe Handlungsfähigkeit, aber hohes Haftungsrisiko.
- Übertragung/Exit: Anteilübertragungen vertraglich regeln; Umwandlungen gängig.
4. Kommanditgesellschaft (KG)
- Definition: Komplementär (unbeschränkt) + Kommanditist(en) (beschränkt).
- Gründung: HR-Eintragung, Vertrag.
- Haftung: Gemischt; Kommanditist bis Hafteinlage.
- Kapital: Flexibel.
- Leitung/Organe: Komplementär führt; Informationsrechte der Kommanditisten.
- Steuern: Transparenz (ESt) auf Gesellschafterebene; GewSt.
- Besonderheiten: Investoreneinstieg als Kommanditisten einfach.
- Übertragung/Exit: Kommanditanteile relativ gut übertragbar; Nachfolge gut planbar.
5. GmbH
- Definition: Kapitalgesellschaft, „Mittelstands-Standard“.
- Gründung: Notarielle Satzung, HR-Eintragung.
- Haftung: Beschränkt auf Stammkapital.
- Kapital: 25.000 €, Einlage bei Gründung mind. 12.500 € bar möglich.
- Leitung/Organe: Geschäftsführung; ggf. Aufsichtsrat.
- Steuern: Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, USt.
- Besonderheiten: Reputation, klare Haftungsabschirmung, aber höhere Formalien.
- Übertragung/Exit: Share Deal über Geschäftsanteile; Unternehmensbewertung und Due Diligence üblich.
6. UG (haftungsbeschränkt)
- Definition: „Mini-GmbH“; Variante der GmbH.
- Gründung: Notarielle Satzung, HR-Eintragung, Musterprotokoll möglich.
- Haftung: Beschränkt.
- Kapital: ab 1 €; Thesaurierungspflicht (Rücklagenbildung bis 25.000 € → Umwandlung in GmbH möglich).
- Leitung/Organe: Geschäftsführung.
- Steuern: KSt, GewSt.
- Besonderheiten: Günstige Gründung, dafür geringeres Eigenkapital → Bonität beachten.
- Übertragung/Exit: Wie GmbH; für Geschäftsübernahme als Käuferträgergesellschaft beliebt.
7. GmbH & Co. KG
- Definition: KG, deren Komplementär eine GmbH ist → faktisch Haftungsbegrenzung.
- Gründung: Zwei Ebenen (GmbH + KG).
- Haftung: Wirtschaftlich beschränkt (GmbH haftet unbeschränkt, aber mit Stammkapital).
- Kapital: Flexibel.
- Leitung/Organe: GmbH-GF führt, Beiräte üblich.
- Steuern: Transparenz auf KG-Ebene (ESt), KSt auf GmbH-Ebene.
- Besonderheiten: Beliebt im Mittelstand (Flexibilität + Steuertransparenz).
- Übertragung/Exit: Gute Struktur für Nachfolge (Kommanditanteile) und Earn-out-Modelle.
8. Aktiengesellschaft (AG)
- Definition: Kapitalgesellschaft mit Anteilen (Aktien), Börsenfähigkeit.
- Gründung: Notarielle Satzung, HR, strenge Kapitalschutzvorschriften.
- Haftung: Beschränkt.
- Kapital: 50.000 € Grundkapital.
- Leitung/Organe: Vorstand, Aufsichtsrat, Hauptversammlung.
- Steuern: KSt, GewSt.
- Besonderheiten: Zugang zu großem Kapital, starke Corporate Governance, hohe Publizität.
- Übertragung/Exit: Verkauf über Aktien (auch außerbörslich); KGaA als Sonderform bei Familienkontrolle.
9. Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA)
- Definition: Mischform aus KG und AG.
- Gründung/Organe: Komplementär + Hauptversammlung/Aufsichtsrat.
- Use-Case: Langfristige Unternehmerkontrolle trotz großem Kapitalbedarf.
- Exit: Aktienähnlich; komplexe Governance.
10. Genossenschaft (eG)
- Definition: Mitglieder fördern gemeinsamen Zweck (z. B. Einkauf, Produktion).
- Gründung: Mind. 3 Mitglieder, Registereintragung, Prüfungsverband.
- Haftung: In der Regel beschränkt, Satzung beachten.
- Kapital: Variabel, mitgliederbasiert.
- Organe: Vorstand, Aufsichtsrat, Generalversammlung.
- Steuern: KSt, GewSt.
- Besonderheiten: Demokratische Struktur, Mitgliederbindung.
- Exit: Geschäftsanteile kündbar; Unternehmensverkauf komplexer.
11. Partnerschaftsgesellschaft (PartG/PartGmbB)
- Definition: Für Freie Berufe (Ärzte, Anwälte, Architekten etc.).
- Haftung: PartG persönlich; PartGmbB begrenzt Haftung für Berufsfehler.
- Steuern: ESt-Transparent; GewSt je nach Tätigkeit.
- Besonderheiten: Berufsrechtliche Zulässigkeit beachten.
- Exit: Eintritt/Austritt in Partnerschaft; Asset-Strukturen gängig.
12. gGmbH / gUG
- Definition: Gemeinnützige Kapitalgesellschaften.
- Steuern: Steuerbegünstigungen bei Anerkennung der Gemeinnützigkeit.
- Use-Case: Soziale/Non-Profit-Zwecke mit professioneller Governance.
- Exit: Übertragung unter Beachtung Gemeinnützigkeitsrecht; Vermögensbindung.
Steuern im Unternehmen (Überblick)
- Personengesellschaften (GbR, OHG, KG, GmbH & Co. KG):
- Transparenzprinzip → Gewinnanteile fließen den Gesellschaftern zu (Einkommensteuer). Gewerbesteuer auf Ebene der Gesellschaft (teilweise anrechenbar).
- Kapitalgesellschaften (GmbH, UG, AG, gGmbH):
- Körperschaftsteuer + Gewerbesteuer; Ausschüttungen beim Gesellschafter zusätzlich zu versteuern (Teileinkünfte/Abgeltung – je nach Konstellation).
- Umsatzsteuer: In allen Unternehmen regelmäßig relevant.
- Thesaurierung & Ausschüttung: Relevanter Hebel für Liquidität/Finanzierung.
Rechnungslegung, Prüfung & Publizität
- HGB-Pflichten richten sich nach Rechtsform und Größenklasse (Umsatz, Bilanzsumme, Mitarbeiter).
- Kapitalgesellschaften: Strengere Buchführungs-, Abschluss-, Offenlegungs- und ggf. Prüfungspflichten (Bundesanzeiger).
- Personengesellschaften: Erleichterungen möglich, aber kaufmännische Buchführung regelmäßig erforderlich.
- AG/Kapitalmarktnähe: Erhöhte Governance und Reporting-Standards.
Finanzierung & Kapitalquellen
- Eigenkapital: Einlagen, Gesellschafterdarlehen, Beteiligungskapital (Family Offices, PE).
- Fremdkapital: Bankkredite, Förderdarlehen, Leasing, Factoring.
- Mezzanine: Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen.
- Kapitalmarkt (AG): Anleihen, Börsengang/SEO.
- Praxis-Hinweis: Rechtsform beeinflusst Bonität, Sicherheiten und Investorenzugang.
Arbeitsrecht, Mitbestimmung & Governance (Kurz)
- Organe & Kontrolle: GmbH (GF, ggf. AR), AG (Vorstand/AR/HV).
- Mitbestimmung: Abhängig von Mitarbeiterzahl/Branche (DrittelbG/MitbestG).
- Compliance: Datenschutz, Geldwäscheprävention (branchenabhängig), Exportkontrolle etc.
- Vergütung & Beteiligung: ESOP/VSOP in Kapitalgesellschaften einfacher abbildbar.
Nachfolge, Kauf & Verkauf: Exit-Tauglichkeit der Rechtsformen
- Übertragbarkeit der Anteile:
- GmbH/UG/AG: Share Deal (notariell bei GmbH/UG).
- Personengesellschaften: Aufnahme/Abtretung von Gesellschaftsanteilen – flexibel, aber vertraglich genau regeln.
- Einzelunternehmen: Regelmäßig Asset Deal.
- Beliebte Nachfolgestrukturen: GmbH, GmbH & Co. KG (Flexibilität, Haftung, Steuertransparenz).
- Preislogik: Unternehmensbewertung (Ertragswert/DCF/Multiples/Substanz), Earn-out, Verkäuferdarlehen – besonders im Mittelstand.
Entscheidungsrahmen: So wählen Sie die passende Form
Kriterien-Check:
- Wollen Sie persönliche Haftung ausschließen? → Kapitalgesellschaft.
- Planen Sie zeitnah Investoren? → GmbH/AG.
- Brauchen Sie Steuertransparenz und flexible Entnahmen? → Personengesellschaft/GmbH & Co. KG.
- Fokus auf Gemeinnützigkeit? → gGmbH/gUG.
- Nachfolge absehbar? → Auf Anteilübertragbarkeit und Governance achten.
FAQ zu Unternehmen & Rechtsformen
Welche Rechtsform ist „die beste“?
Die, die zu Haftung, Steuern, Finanzierung und Zielen passt. Häufig: GmbH oder GmbH & Co. KG im Mittelstand.
Was kostet die Gründung einer GmbH?
Neben Stammkapital (25.000 €) fallen Notar/HR-Kosten an; UG ab 1 € möglich, dafür Thesaurierungspflicht.
Wie unterscheidet sich die Steuer zwischen GmbH und Personengesellschaft?
GmbH: KSt + GewSt; Ausschüttung beim Gesellschafter. Personengesellschaft: Gewinn fließt transparent an Gesellschafter (ESt) + GewSt auf Gesellschaftsebene.
Welche Form ist für den Unternehmensverkauf am flexibelsten?
Übertragbarkeit spricht für GmbH/AG (Share Deal). GmbH & Co. KG verbindet Flexibilität und Steuertransparenz.
Wie lange dauert eine Unternehmensnachfolge?
Typisch 9–24 Monate, je nach Struktur, Finanzierung und Übergabekonzept.