Small-Firm-Prämie und unternehmensspezifische Risikofaktoren bei KMU: Fachanalyse zur Geschäftsübernahme

Einleitung

Die präzise Bewertung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) stellt in der Praxis der Geschäftsübernahme eine der komplexesten Aufgaben dar. Besonders im Rahmen der Unternehmensnachfolge und Firmenübernahme ist die Bestimmung des zutreffenden Unternehmenswerts entscheidend für die Kaufpreisverhandlung, die Strukturierung des Kaufvertrags und die Investition von Kapital.

Ein zentrales Element in der professionellen Unternehmensbewertung ist die sogenannte Small-Firm-Prämie (SFP), ein Risikoaufschlag, der speziell bei nicht börsennotierten Unternehmen Anwendung findet. Der nachfolgende Beitrag analysiert auf Grundlage aktueller Studien und Bewertungsmodelle die Relevanz der SFP sowie unternehmensindividueller Risikofaktoren. Ziel ist es, praxisorientiertes Fachwissen für Berater, Investoren und Nachfolger bereitzustellen – unter Berücksichtigung aller juristisch relevanten Aspekte.


Bedeutung der Small-Firm-Prämie (SFP) in der M&A-Praxis

Die Small-Firm-Prämie beschreibt einen zusätzlichen Risikoaufschlag, der im Rahmen der Discounted-Cashflow-Methode (DCF) oder anderer kapitalwertbasierter Verfahren auf die Eigenkapitalkosten angerechnet wird. Ursache dafür ist das systemisch erhöhte Risiko kleinerer Unternehmen, etwa durch geringere Marktliquidität, höhere Volatilität oder eingeschränkten Kapitalzugang.

Rechtliche Bedeutung:

Im Rahmen von Due-Diligence-Prüfungen ist die Offenlegung der Risikobewertung – inklusive SFP – ein integraler Bestandteil der Informationsbereitstellung gemäß §§ 311 ff. BGB (vorvertragliches Schuldverhältnis) und kann als versteckter Mangel gewertet werden, wenn wesentliche Risiken unzureichend dokumentiert sind.


Bewertungsverfahren: Eigenkapitalkosten und Diskontierungssatz

Die zentralen Methoden zur Bestimmung der risikoadjustierten Renditeanforderung sind:

1. Capital Asset Pricing Model (CAPM)

Traditionell im Kapitalmarkt eingesetzt, gewinnt das CAPM auch in der M&A-Praxis an Bedeutung – unter der Voraussetzung seiner Erweiterung um die Small-Firm-Prämie.

Formel:
E(Ri) = Rf + [E(Rm) – Rf] × βi + SFP

Abkürzung Bedeutung
E(Ri) Erwartete Rendite des Unternehmens
Rf Risikofreier Basiszinssatz (z. B. Bundesanleihe 10 Jahre)
E(Rm) Erwartete Marktrendite
βi Unternehmensspezifischer Risikofaktor
SFP Small-Firm-Prämie als Zuschlag

2. Build-Up-Modell

Hierbei handelt es sich um ein additives Verfahren, das schrittweise alle relevanten Risikoprämien (Branchenrisiko, Größenrisiko, Illiquidität etc.) integriert.


Aktuelle empirische Kennzahlen

  • Durchschnittliche SFP: 6,6 %

  • Standardabweichung: 2,3 %

  • Bandbreite für professionelle Bewertung: 2,0 % bis 11,2 %

  • Anwendung: als separater Zuschlag zu CAPM oder Build-Up

Diese Kennzahlen dienen zur realitätsnahen Ableitung des unternehmensspezifischen Diskontierungssatzes und damit zur marktkonformen Unternehmensbewertung im Rahmen der Firmenübernahme.


Unternehmensspezifische Risikofaktoren: Juristisch relevante Einflussgrößen

Bei der risikoadjustierten Bewertung spielen folgende sieben Risikodimensionen eine entscheidende Rolle:

1. Illiquidität

Nicht börsennotierte Unternehmen unterliegen strukturellen Einschränkungen beim Exit, was einen pauschalen Risikoaufschlag rechtfertigt.

2. Kundenkonzentration

Eine einseitige Abhängigkeit von wenigen Großkunden birgt erhebliche Erlösrisiken – haftungsrelevant bei arglistigem Verschweigen gemäß § 123 BGB.

3. Lieferantenabhängigkeit

Eine oligopolartige Angebotsstruktur der Lieferanten kann zur Einschränkung der Lieferkette führen und ist in Verkaufsprospekten transparent darzustellen.

4. Personenbezogene Abhängigkeit

Ein zentrales Risiko bei inhabergeführten KMU, häufig als Key-Person-Risiko bezeichnet, mit unmittelbarer Relevanz für die Kaufpreisgestaltung und Earn-out-Klauseln.

5. Track Record

Stabilität vergangener Cashflows ist ein wesentliches Argument bei der Plausibilisierung von Businessplänen. Ein schwankender Verlauf kann zur Anwendung eines höheren Beta-Faktors führen.

6. Monostruktur im Leistungsportfolio

Fehlende Diversifikation in Produkt oder Markt erhöht die Krisenanfälligkeit und wird in der Multiplikator-Methode regelmäßig mit einem Abschlag belegt.

7. Flexibilität & Markteintrittsbarrieren

Geringe Reaktionsgeschwindigkeit oder eine schwache Verteidigungsfähigkeit am Markt wirken sich negativ auf die Unternehmenswertbildung aus.


Bewertungsmodell: Gewichtung der Risikofaktoren

BDO Corporate Finance hat ein skalierbares Risikomodell entwickelt:

  • Jeder Faktor wird mit einem Score zwischen 0 (kein Risiko) und 1 (hohes Risiko) gewichtet.

  • Die maximale aggregierte SFP beträgt 11,2 %, zzgl. pauschalem Illiquiditätszuschlag.

  • Dieses Modell ermöglicht eine transparente und standardisierte Integration in jede professionelle M&A-Bewertung.


Juristisches Fazit

Die angemessene Berücksichtigung der Small-Firm-Prämie und der unternehmensspezifischen Risikofaktoren ist für eine rechtssichere und marktgerechte Unternehmensbewertung unabdingbar. Sie bildet die Grundlage für Kaufpreisverhandlungen, Vertragsgestaltung (z. B. im Unternehmenskaufvertrag) und Haftungsausschlüsse. Im Rahmen jeder Geschäftsübernahme – insbesondere bei KMU im Rahmen der Unternehmensnachfolge – sollte dieses Modell integraler Bestandteil der Bewertungspraxis sein.


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FAQ (People Also Ask)

Was bedeutet Small-Firm-Prämie im M&A-Kontext?
Ein zusätzlicher Risikoaufschlag bei der Bewertung kleiner Unternehmen zur Kompensation erhöhter Unsicherheiten.

Warum ist die SFP für KMU relevant?
Sie berücksichtigt Illiquidität, Abhängigkeiten und Flexibilitätsdefizite kleiner Unternehmen bei der Bewertung.

Wie wirkt sich die SFP auf den Kaufpreis aus?
Sie erhöht den Diskontierungssatz und senkt somit den Unternehmenswert – ein zentrales Verhandlungselement.

Welche Bewertungsmodelle berücksichtigen die SFP?
Das CAPM (erweitert) und das Build-Up-Modell sind in der Praxis etabliert.

Was sind unternehmensspezifische Risikofaktoren?
Individuelle Schwächen eines Unternehmens (z. B. Kundenabhängigkeit, fehlende Diversifikation), die das Bewertungsmodell ergänzen.

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