
Einleitung
In modernen M&A-Transaktionen entscheiden nicht nur Kaufpreis und Due Diligence über den Erfolg, sondern auch die vertragliche Governance-Struktur.
Ein zentrales Element hierbei bilden die Drag-along- und Tag-along-Klauseln, die sowohl für Mehrheits- als auch Minderheitsgesellschafter strategische Bedeutung besitzen.
Diese Regelungen sorgen dafür, dass Unternehmensverkäufe rechtssicher, transparent und ohne Blockaden umgesetzt werden können – ein entscheidender Faktor, um Firmenübernahmen, Geschäftsübernahmen und Nachfolgeregelungen konfliktfrei zu gestalten.
1. Grundprinzip: Mitverkaufspflicht versus Mitverkaufsrecht
Drag-along („Mitverkaufspflicht“) und Tag-along („Mitverkaufsrecht“) sind zwei Seiten derselben Medaille. Beide dienen dazu, im Fall eines Unternehmensverkaufs die Interessen aller Gesellschafter zu synchronisieren.
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Drag-along: Der Mehrheitsgesellschafter kann Minderheitsgesellschafter verpflichten, ihre Anteile zu denselben Bedingungen mitzuverkaufen.
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Tag-along: Minderheitsgesellschafter erhalten das Recht, ihre Anteile unter gleichen Bedingungen zu veräußern, wenn ein Mehrheitsgesellschafter verkauft.
Beide Mechanismen fördern Transaktionssicherheit und verhindern, dass einzelne Beteiligte durch Vetorechte oder abweichende Preisvorstellungen den Verkauf blockieren.
2. Juristische Grundlage und Vertragsgestaltung
Drag-along- und Tag-along-Klauseln werden in der Regel im Gesellschaftervertrag oder ergänzend in Beteiligungsvereinbarungen geregelt.
Ihre Rechtsgrundlage ist die Privatautonomie (§ 311 BGB), die es ermöglicht, vertragliche Mitwirkungspflichten zu schaffen.
Typische Vertragsbestandteile:
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Schwellenwerte für Verkaufsverpflichtung (z. B. ab 50 % oder 75 % Anteilsübertragung)
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Gleichbehandlungsgrundsatz („same terms, same price“)
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Benachrichtigungs- und Mitwirkungspflichten
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Regelung zur Kaufpreisverteilung und Closing-Prozedur
Eine präzise Definition dieser Parameter ist entscheidend, um spätere Streitigkeiten über Bewertung, Vertragsauslegung oder Transaktionspflichten zu vermeiden.
3. Drag-along: Mitverkaufspflicht der Minderheitsgesellschafter
Der Drag-along-Mechanismus soll verhindern, dass Minderheiten einen Verkauf blockieren.
Er ermöglicht es dem Mehrheitsgesellschafter, im Falle eines Kaufangebots alle Anteile geschlossen zu veräußern – ein entscheidender Vorteil für Käufer, die regelmäßig 100 % Kontrolle verlangen.
Vorteile:
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Sicherstellung vollständiger Übertragbarkeit
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Effizientere Verhandlung und Deal Closing
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Erhöhung des Unternehmenswerts durch Exit-Fähigkeit
Risiko:
Minderheitsgesellschafter können benachteiligt werden, wenn keine Bewertungsmechanismen (z. B. Fairness Opinion oder Gutachten nach IDW S1) vorgesehen sind.
Juristisch empfiehlt sich daher eine objektive Kaufpreisfindung oder die Bindung an externe Bewertungsverfahren.
4. Tag-along: Gleichbehandlung und Schutz der Minderheiten
Das Tag-along-Recht garantiert Minderheitsgesellschaftern die Möglichkeit, ihre Beteiligung gemeinsam mit dem Mehrheitsgesellschafter zu verkaufen.
Es basiert auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 242 BGB) und schützt vor struktureller Unterlegenheit.
Kernpunkte:
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Mitverkauf zu identischen wirtschaftlichen Konditionen
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Verpflichtung des Käufers, auch Minderheitsanteile zu übernehmen
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Transparente Informationspflichten und Fristen
In der Unternehmensnachfolge ist das Tag-along besonders relevant, wenn Familienmitglieder oder Investoren mit unterschiedlichen Anteilsgrößen beteiligt sind.
5. Kombination mit Vorkaufsrechten und Optionsmodellen
Ein ausgewogener Gesellschaftervertrag kombiniert Drag-along und Tag-along häufig mit weiteren Regelungsinstrumenten:
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Vorkaufsrecht – bietet Gesellschaftern Vorrang vor externen Käufern
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Put-Option – sichert das Recht, Anteile zu einem festgelegten Preis zu veräußern
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Call-Option – gibt Käufern das Recht, Anteile zu erwerben
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Sperrminorität – verhindert grundlegende Strukturänderungen ohne Zustimmung
Diese Mechanismen dienen der Corporate Governance und sind juristisch eng miteinander zu verzahnen, um Interessenkonflikte und unklare Entscheidungsprozesse zu vermeiden.
6. Ökonomische Bedeutung im M&A-Prozess
Ein klar strukturierter Drag-along- und Tag-along-Mechanismus erhöht die Transaktionsfähigkeit und reduziert juristische Risiken.
Insbesondere Investoren und Private-Equity-Gesellschaften bevorzugen Beteiligungsstrukturen, die eine klare Exit-Strategie bieten.
Positive Effekte:
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Höhere Attraktivität des Unternehmens bei Investoren
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Geringere Transaktionskosten durch klare Mitverkaufsregeln
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Bessere Due-Diligence-Bewertung aufgrund rechtlicher Klarheit
In der Unternehmensnachfolge trägt dies dazu bei, die Nachfolgeentscheidung professionell, konfliktarm und wirtschaftlich optimal zu gestalten.
7. Weiterführende Fachbeiträge
➡️ Wie kann ich mein Unternehmen verkaufen?
➡️ Wie kann ich mich inhaltlich auf den Verkauf oder Kauf eines Unternehmens vorbereiten?
➡️ Hier finden Sie Ihr Unternehmen
Externe Quelle: BVK Leitfaden 2025 – Vertragsstandards bei Beteiligungsverträgen
Schlussabschnitt
Ein professionell strukturierter Gesellschaftervertrag mit klaren Drag-along- und Tag-along-Regelungen bildet die Grundlage einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge oder Firmenübernahme.
Er schafft Rechtssicherheit, schützt Minderheiten und ermöglicht zugleich einen schnellen und werthaltigen Exit für Mehrheitsgesellschafter.
Wer diese Klauseln präzise mit Vorkaufsrechten, Optionsrechten und Sperrminoritäten kombiniert, erzielt ein ausgewogenes Vertragsgefüge, das langfristig Stabilität und Vertrauen zwischen allen Parteien gewährleistet.
FAQ
Was ist der Unterschied zwischen Drag-along und Tag-along?
Drag-along verpflichtet Minderheitsgesellschafter zum Mitverkauf, während Tag-along ihnen ein Mitverkaufsrecht einräumt – beides stärkt Transaktionsklarheit.
Wie schützt Tag-along Minderheitsgesellschafter?
Durch Gleichbehandlung und Teilnahmerechte am Verkauf zu identischen Bedingungen.
Wann sind Drag-along-Klauseln sinnvoll?
Vor allem bei Private-Equity-Investitionen oder Familiennachfolgen, wenn eine Mehrheitsbeteiligung vollständig veräußert werden soll.
Wie interagieren Drag-along und Vorkaufsrechte?
Sie müssen vertraglich abgestimmt sein, damit keine Überschneidungen zu Blockaden führen.