
Einleitung
Ein Share Deal ist die Königsdisziplin der deutschen Unternehmensnachfolge. Er bietet Verkäufern die Chance auf steuerliche Vorteile und rechtliche Stabilität – birgt jedoch komplexe Fallstricke. Anders als beim Asset Deal erwirbt der Käufer nicht einzelne Wirtschaftsgüter, sondern die Gesellschaftsanteile und damit das gesamte Unternehmen inklusive aller Rechte und Verpflichtungen.
Entscheidend für eine erfolgreiche Transaktion sind eine präzise Vertragsgestaltung, klare Regelungen zur Kaufpreiszahlung und eine steuerlich optimierte Struktur – etwa durch eine Holdingstruktur. In der Praxis bestimmen Details wie Locked Box oder Closing Accounts, ob der Deal rechtssicher und wirtschaftlich vorteilhaft verläuft.
1. Rechtliche und strukturelle Grundlagen des Share Deals
Beim Share Deal wird die Zielgesellschaft als juristische Einheit übernommen. Der Käufer tritt in alle bestehenden Rechtsverhältnisse ein – einschließlich Verträge, Verbindlichkeiten und Mitarbeiterrechte.
Im Gegensatz zum Asset Deal, der eine Einzelrechtsnachfolge erfordert, bewirkt der Share Deal eine Gesamtrechtsnachfolge.
Wesentliche rechtliche Merkmale:
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Erwerb von GmbH- oder AG-Anteilen (Gesellschaftsrechte)
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Gesamter Übergang der Vermögenswerte und Verpflichtungen
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Notarielle Beurkundungspflicht gemäß § 15 GmbHG
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Eintragung des Gesellschafterwechsels im Handelsregister
➡️ Fachbeitrag: Betrieb zu verkaufen: Asset Deal oder Share Deal – Unterschiede und rechtliche Bewertung
2. Steuerliche Strukturierung und Optimierungspotenzial
Der steuerliche Vorteil eines Share Deal ergibt sich vor allem aus der Beteiligungsstruktur. Wird eine Holdingstruktur genutzt, kann nach § 8b KStG bis zu 95 % des Veräußerungsgewinns steuerfrei bleiben.
Im Gegensatz zum Asset Deal, bei dem stille Reserven aufgedeckt und versteuert werden müssen, bleibt die Steuerlast hier minimal – ein entscheidender Pluspunkt für Verkäufer.
Steueroptimierende Gestaltungselemente:
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Holdingstruktur zur steuerfreien Gewinnrealisierung
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Zeitliche Staffelung der Kaufpreiszahlung zur Vermeidung von Progressionseffekten
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Klare Zuweisung der wirtschaftlichen Risiken (Locked Box oder Closing)
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Nutzung steuerneutraler Umwandlungsmaßnahmen (§ 20 UmwStG)
Eine enge Abstimmung zwischen M&A-Beratern, Steuerjuristen und Wirtschaftsprüfern ist hierbei unverzichtbar.
3. Locked Box vs. Closing Accounts – Kaufpreisbestimmung im Fokus
Die Kaufpreisermittlung ist einer der sensibelsten Punkte im Share Deal. In der Praxis dominieren zwei Modelle: die Locked Box und die Closing Accounts.
Locked Box:
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Fixierter Kaufpreis auf Basis historischer Bilanzdaten
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Keine nachträgliche Anpassung – Verkäufer trägt geringeres Risiko
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Ideal für stabile Unternehmen mit klarer Finanzhistorie
Closing Accounts:
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Kaufpreisermittlung auf Basis geprüfter Abschlüsse zum Closing
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Spätere Anpassungen möglich, aber komplexer in der Abwicklung
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Geeignet bei dynamischen Finanzentwicklungen oder Saisonbetrieben
Die Wahl des Modells beeinflusst die steuerliche Behandlung, die Haftungsrisiken und die vertragliche Transparenz.
4. Wesentliche Vertragsklauseln und notarielle Anforderungen
Der Share Deal-Vertrag ist ein hochkomplexes juristisches Dokument, das zahlreiche Risikobereiche regelt.
Zentrale wesentliche Vertragsklauseln sind:
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Garantien und Freistellungen (Tax Warranties, Environmental Warranties)
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Haftungsobergrenzen (Caps) und Verjährungsfristen
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Definition von Closing Conditions und wirtschaftlichem Übergang
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Regelungen zur Kaufpreiszahlung (Barzahlung, Raten, Earn-Outs)
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Mitwirkungspflichten des Notars und Handelsregistervollzug
Ein präziser Vertragsentwurf ist für Verkäufer essenziell, um Haftungsrisiken zu minimieren und steuerliche Begünstigungen zu sichern.
5. Strategische Bedeutung im Mittelstand
Im deutschen Mittelstand ist der Share Deal die bevorzugte Transaktionsform – insbesondere bei GmbHs. Er ermöglicht eine ununterbrochene Unternehmensfortführung, erleichtert die Finanzierungsstruktur und reduziert den Aufwand für Einzelübertragungen.
Mit einer durchdachten Holdingstruktur, klarer Vertragsgestaltung und sauberer steuerlicher Planung lässt sich ein optimaler Verkaufserlös erzielen – bei gleichzeitig minimiertem Risiko.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Was ist der Unterschied zwischen Locked Box und Closing Accounts?
Bei der Locked Box ist der Kaufpreis fixiert; bei Closing Accounts wird der endgültige Preis anhand geprüfter Abschlusszahlen nachträglich bestimmt.
Wie lässt sich die Steuerlast beim Share Deal senken?
Durch Nutzung einer Holdingstruktur und vertragliche Gestaltung nach § 8b KStG können Verkäufer bis zu 95 % Steuerfreiheit erzielen.
Welche Garantien sind bei Share Deals üblich?
Typisch sind Garantien zu Jahresabschlüssen, Steuercompliance, Arbeitsrecht und Umweltverpflichtungen.
Wie funktioniert die Kaufpreiszahlung in Tranchen?
Die Kaufpreiszahlung kann in mehreren Phasen erfolgen, häufig mit Earn-Out-Regelungen oder zeitlich gestaffelten Raten.
Juristische Bewertung und strategischer Ausblick
Der Share Deal ist das ideale Instrument für steueroptimierte Unternehmensverkäufe, erfordert aber höchste rechtliche Präzision. Durch gezielte Strukturierung mit Holdingstruktur, abgesicherten Locked Box- oder Closing Accounts-Mechanismen und klaren wesentlichen Vertragsklauseln lassen sich Haftungsrisiken minimieren und steuerliche Effekte maximieren.
In der Praxis entscheidet die Qualität der Vertragsgestaltung über Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion – daher ist die frühzeitige Einbindung eines spezialisierten Notars, Steuerberaters und M&A-Juristen unverzichtbar.