Der Erwerb einer Steuerberaterkanzlei ist für viele Berufsträger und Investoren eine strategische Möglichkeit, in den wachsenden Beratungsmarkt einzusteigen. Der Markt für Unternehmensnachfolge im Kanzleiwesen ist in Bewegung: Demografischer Wandel, Digitalisierung und Fachkräftemangel führen dazu, dass zahlreiche Kanzleien einen Nachfolger suchen. Wer eine Steuerberaterkanzlei kaufen möchte, sollte den Prozess sorgfältig planen – sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich.
1. Warum der Kauf einer Steuerberaterkanzlei attraktiv ist
Der Kauf einer Steuerberaterkanzlei bietet den Vorteil eines etablierten Mandantenstamms, laufender Umsätze und qualifizierter Mitarbeiter. Anders als bei einer Neugründung ist der Kapitalbedarf zwar höher, doch das Risiko geringer. Die Übernahme kann als Unternehmenskauf, Firmenübernahme oder im Rahmen eines Management-Buy-In bzw. Management-Buy-Out erfolgen.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit, bestehende Mandatsstrukturen effizient auszubauen. Gerade im Mittelstand eröffnet die Verbindung von Unternehmensbewertung, Beratungskompetenz und Digitalisierung neue Chancen für Wachstum.
2. Rechtliche Voraussetzungen beim Kanzleikauf
Wer eine Steuerberaterkanzlei kaufen möchte, muss sich an die Vorgaben des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) halten. Nach § 57 Abs. 4 StBerG darf eine Kanzlei nur von einem zugelassenen Berufsträger oder einer zugelassenen Berufsgesellschaft übernommen werden.
Wesentliche rechtliche Punkte:
• Erwerber müssen die berufsrechtliche Genehmigung der zuständigen Steuerberaterkammer einholen.
• Bei einer Unternehmensbeteiligung (z. B. an einer PartG mbB) sind Kapital- und Stimmrechtsverhältnisse klar zu regeln.
• Der Unternehmenskaufvertrag sollte Haftungsfragen, Wettbewerbsverbote und den Umgang mit Mandatsdaten eindeutig regeln.
3. Wirtschaftliche und steuerliche Bewertung einer Kanzlei
Die Unternehmensbewertung einer Steuerberaterkanzlei unterscheidet sich von klassischen Industrieunternehmen. Bewertungsansätze wie das Ertragswertverfahren oder das Discounted-Cash-Flow-Modell werden angepasst, um immaterielle Faktoren wie Mandantenbindung oder Standortpotenzial zu berücksichtigen.
Typische Multiplikatoren liegen zwischen dem 0,8- bis 1,2-fachen des durchschnittlichen Jahresumsatzes – abhängig von Struktur, Region und Mitarbeiterbindung. Auch der Unternehmenskaufvertrag sollte Regelungen zu Earn-Out-Klauseln und Kaufpreisanpassungen enthalten.
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4. Finanzierungsmodelle und Kapitalbedarf
Die Finanzierung eines Kanzleikaufs setzt eine detaillierte Planung des Kapitalbedarfs voraus. Eigenkapital, Bankdarlehen oder Beteiligungskapital kommen ebenso in Betracht wie Modelle des Management-Buy-In oder Management-Buy-Out. Fördermittel der KfW oder Landesförderbanken können genutzt werden, wenn der Käufer selbst als Berufsträger tätig ist.
Entscheidend ist eine solide Liquiditätsplanung, da die Integration laufender Personalkosten und IT-Investitionen den Cashflow in den ersten Jahren belasten kann. Eine professionelle Unternehmensbewertung und Due-Diligence-Prüfung sind hier unerlässlich.
5. Ablauf des Kaufprozesses
Der Erwerb einer Steuerberaterkanzlei erfolgt in mehreren Phasen:
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Sondierung und Matching: Identifikation passender Kanzleien über spezialisierte Plattformen wie firmenzukaufen.de.
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Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA): Schutz sensibler Mandanten- und Finanzdaten.
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Due Diligence: Prüfung von Bilanzen, Mandantenstrukturen, Verträgen und Mitarbeiterverhältnissen.
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Vertragsverhandlung: Festlegung von Kaufpreis, Übergangszeit und Haftungsregelungen.
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Genehmigung durch Kammer: Übertrag erst nach Zustimmung der zuständigen Steuerberaterkammer.
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Übergabephase: Übergang von Mandaten, Kommunikation mit Kunden und Integration ins eigene System.
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6. Übergabe und Mandatsübertragung
Die Übergabephase erfordert Fingerspitzengefühl: Mandanten müssen frühzeitig informiert werden, und die Übertragung von Vollmachten sollte rechtssicher erfolgen. In vielen Fällen wird ein Verkäufer für eine Übergangszeit weiterbeschäftigt, um Mandantenbindung zu sichern.
Wichtig ist, Datenschutz- und Berufsgeheimnisregelungen gemäß § 203 StGB einzuhalten. Ein klar geregelter Kommunikationsplan stärkt das Vertrauen und minimiert Mandatsverluste.
7. Steuerliche und haftungsrechtliche Aspekte
Beim Unternehmenskauf einer Steuerberaterkanzlei entstehen steuerliche Konsequenzen:
• Grunderwerbsteuer (bei Immobilieneigentum),
• Gewerbesteuer (je nach Rechtsform),
• Umsatzsteuerliche Behandlung des „Betriebsübergangs“ nach § 1 Abs. 1a UStG.
Zudem sollten Haftungsrisiken für Altverbindlichkeiten oder unvollständige Mandatsdokumentation im Vertrag präzise ausgeschlossen werden. Eine anwaltliche Beratung durch einen auf Unternehmenskaufvertrag spezialisierten Fachanwalt ist dringend zu empfehlen.
8. Chancen und Risiken im Kanzleimarkt
Der Markt für Kanzleien ist von Nachfolgewellen geprägt: In den nächsten Jahren gehen viele Berufsträger in den Ruhestand. Wer jetzt eine Steuerberaterkanzlei kaufen möchte, profitiert von einer günstigen Marktlage.
Risiken bestehen vor allem in der Abhängigkeit von einzelnen Großmandaten, in der Mitarbeiterfluktuation und in technologischen Umbrüchen (z. B. Digitalisierung, KI-basierte Buchhaltung). Daher ist ein strategischer Übergangsplan entscheidend.
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9. Langfristige Integration und Wachstum
Nach der Übernahme folgt die eigentliche Herausforderung: die erfolgreiche Integration. Entscheidend sind Mitarbeiterbindung, Modernisierung der IT-Infrastruktur und Weiterentwicklung des Dienstleistungsportfolios.
Langfristig bietet eine übernommene Kanzlei enorme Wachstumschancen – etwa durch Kooperationen, Cross-Selling-Potenziale und die Erweiterung in Unternehmensberatung oder Wirtschaftsprüfung.
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Verfasst von der Redaktion M&A und Unternehmensnachfolge – firmenzukaufen.de
Die Redaktion bündelt juristisches, betriebswirtschaftliches und steuerrechtliches Know-how aus über 20 Jahren Erfahrung in der Unternehmensnachfolge.
FAQ – Häufige Fragen zum Thema Steuerberaterkanzlei kaufen
1. Wie läuft der Kauf einer Kanzlei ab?
Der Ablauf umfasst die Suche, Due Diligence, Vertragsverhandlung, Genehmigung durch die Kammer und eine geregelte Mandatsübergabe.
2. Welche Genehmigungen brauche ich?
Zwingend erforderlich ist die Zustimmung der zuständigen Steuerberaterkammer und die Einhaltung des StBerG.
3. Wie wird bewertet?
Die Unternehmensbewertung basiert meist auf Ertragswert- oder Multiplikatorverfahren, angepasst an Mandantenstruktur und Ertragslage.
4. Welche Steuern gelten?
Je nach Struktur können Einkommen-, Gewerbe- und Grunderwerbsteuer relevant sein.
5. Welche Risiken bestehen?
Mandatsverluste, Haftung für Altverbindlichkeiten und fehlende IT-Anpassung sind häufige Risiken.
6. Wie erfolgt die Übergabe der Mandate?
Durch abgestimmte Kommunikationspläne und Übergangsvereinbarungen zwischen Käufer und Verkäufer.