
Einleitung
In der modernen Unternehmensnachfolge sind Carve-outs und Teilverkäufe strategische Werkzeuge, um Wertpotenziale zu realisieren, Risiken zu minimieren und Nachfolgelösungen flexibel zu gestalten. Besonders im Mittelstand kann die Abspaltung profitabler Geschäftsbereiche – häufig als Teilbetrieb – eine Alternative zum Komplettverkauf darstellen.
Dieser Beitrag erläutert die rechtlichen, steuerlichen und organisatorischen Grundlagen eines Carve-out-Prozesses, erklärt die Rolle von Transition Service Agreements (TSA) und zeigt, wie Verkäufer mit klarer Strukturierung den Wert des Unternehmens sichern können.
1. Was ist ein Carve-out im M&A-Kontext?
Ein Carve-out beschreibt die Abspaltung oder Veräußerung einzelner Unternehmensteile aus einer bestehenden Einheit. Juristisch kann dies im Rahmen eines Asset Deals (Verkauf einzelner Wirtschaftsgüter und Verträge) oder Share Deals (Übertragung von Anteilen) erfolgen.
Ziel ist die Fokussierung auf Kernkompetenzen und die Freisetzung von Kapital für neue Investitionen oder eine Nachfolgelösung. Im Kontext der Unternehmensnachfolge dient der Carve-out oft der Teilfortführung durch Familienmitglieder bei gleichzeitiger Veräußerung anderer Segmente an Dritte.
2. Strukturelle Varianten eines Carve-out
Die rechtliche Umsetzung hängt von der Organisationsform und den steuerlichen Zielen ab. Zu den gängigen Modellen gehören:
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Teilbetriebstransfer nach §16 EStG: steuerneutrale Übertragung bei betrieblicher Einheit.
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Spaltung nach UmwG (§§ 123 ff.): Aufteilung in mehrere juristische Personen.
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Asset Deal: Übertragung von Sachwerten, Kundenstämmen oder Markenrechten.
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Share Deal: Veräußerung von Geschäftsanteilen der abgespaltenen Gesellschaft.
Ein Carve-out erfordert eine präzise Bewertung, insbesondere im Hinblick auf Synergien, Verlustvorträge, und Goodwill-Zuordnung. Nur so kann die Kaufpreisallokation rechtssicher erfolgen.
3. Transition Service Agreements (TSA)
Ein wesentlicher Bestandteil vieler Carve-out-Transaktionen ist das Transition Service Agreement (TSA). Es regelt die vorübergehende Bereitstellung von Leistungen durch den Verkäufer an den Käufer – etwa IT, Buchhaltung oder HR-Dienste.
Ziele des TSA:
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Sicherstellung des operativen Übergangs nach Closing.
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Vermeidung von Unterbrechungen in Lieferketten und Prozessen.
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Definition klarer Laufzeiten, Vergütungen und Exit-Klauseln.
Fehlt ein sauber ausgestaltetes TSA, drohen betriebswirtschaftliche Risiken, Haftungsfragen und Konflikte über Leistungsumfang und Kostenstruktur. Daher sollte das TSA integraler Bestandteil jeder Due Diligence sein.
4. Steuerliche und bilanzielle Implikationen
Ein Carve-out berührt mehrere steuerliche Ebenen:
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Ertragsteuerliche Folgen: stille Reserven, Verlustvorträge, Bewertungsansätze.
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Umsatzsteuerliche Risiken: bei Asset Deals insbesondere §1 Abs. 1a UStG (Geschäftsveräußerung im Ganzen).
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Grunderwerbsteuer: bei Übertragung von Immobilienvermögen.
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Holdingstruktur: ermöglicht steuerliche Optimierung bei Mehrheitsbeteiligungen.
Fehlerhafte Strukturierung kann zur Nachversteuerung oder Verlust von steuerlichen Privilegien nach §6 Abs. 5 EStG führen. Eine frühzeitige Abstimmung zwischen Steuerberater, M&A-Berater und Rechtsanwalt ist daher zwingend erforderlich.
5. Risiko- und Wertmanagement beim Teilverkauf
Ein Teilverkauf innerhalb der Unternehmensnachfolge erfordert neben der juristischen Trennung auch eine operative Entflechtung:
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Aufteilung von Vermögenswerten, Lizenzen und Verträgen.
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Anpassung von Beteiligungs- und Arbeitsverträgen.
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Klärung der IT-Infrastruktur und Datenschutzverantwortlichkeiten.
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Sicherung von Marken- und Patentrechten.
Zur Wertsteigerung empfiehlt sich ein Vendor Due Diligence Report, der Transparenz schafft und spätere Nachverhandlungen verhindert.
Zudem kann ein Earn-out-Modell zur Absicherung des Kaufpreises beitragen, insbesondere wenn zukünftige Ertragskraft Teil des Kaufkalküls ist.
6. Carve-out als strategisches Nachfolgeinstrument
Der Carve-out bietet Verkäufern im Rahmen der Unternehmensnachfolge erhebliche Vorteile:
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Fokussierung auf Kernbereiche mit nachhaltigem Cashflow.
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Reduktion von Komplexität und Haftungsrisiken.
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Möglichkeit der schrittweisen Übergabe.
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Steuerliche Optimierung durch gezielte Strukturierung.
Trotzdem erfordert ein Carve-out sorgfältige Planung, vertragliche Präzision und professionelle Begleitung durch erfahrene Berater, um Wertverluste und steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Weiterführende Fachbeiträge
➡️ Unternehmensübernahme: Rechtssichere Abwicklung, Vertragsvollzug und Haftungsregelung
➡️ Unternehmensnachfolge Angebote: Erfolgsentscheidende Faktoren in der M&A-Praxis
Schlussbetrachtung
Ein Carve-out ist kein einfacher „Teilverkauf“, sondern ein hochkomplexer M&A-Prozess mit erheblichen rechtlichen, steuerlichen und strategischen Dimensionen. Wer ihn als Bestandteil der Unternehmensnachfolge professionell gestaltet, sichert nicht nur den Wert des Unternehmens, sondern auch dessen Fortbestand unter neuen Eigentumsverhältnissen.
Verkäufer profitieren dabei besonders von klarer Vertragsarchitektur, vorausschauender Steuerplanung und sauber definierten Transition Service Agreements.
FAQ
Wann ist ein Carve-out sinnvoll?
Wenn Teilbereiche wirtschaftlich eigenständig sind und separat veräußert werden können, etwa zur Konzentration auf Kerngeschäfte oder Nachfolgefinanzierung.
Wie strukturiere ich TSA (Transition Service Agreements)?
TSA sollten Dauer, Vergütung, Leistungsumfang und Haftungsgrenzen klar regeln. Sie sichern den operativen Übergang nach Closing.
Welche steuerlichen Folgen drohen?
Umsatzsteuer, Grunderwerbsteuer und ertragsteuerliche Effekte müssen berücksichtigt werden; die Strukturierung entscheidet über Steuerneutralität.
Wie verhindere ich Wertverlust beim Teilverkauf?
Durch präzise Bewertung, saubere Asset-Trennung, NDA-Management und Vendor Due Diligence.