
Der Entschluss, die eigene Firma zu verkaufen, gehört zu den bedeutendsten Entscheidungen eines Unternehmers. Ob aus Altersgründen, im Rahmen einer Unternehmensnachfolge oder aus strategischen Motiven – der Verkaufsprozess ist komplex und verlangt neben betriebswirtschaftlichem Verständnis auch juristische und steuerliche Expertise.
Wer den Prozess strukturiert vorbereitet, minimiert Risiken und maximiert den Unternehmenswert.
1. Ausgangslage: Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Firma zu verkaufen?
Ein Firmenverkauf ist selten spontan. Er sollte idealerweise 12 – 24 Monate vor dem geplanten Exit vorbereitet werden.
Die wichtigsten Kriterien:
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stabile Umsatz- und Ertragsentwicklung,
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dokumentierte Prozesse,
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klare Eigentümerstruktur,
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funktionierende zweite Führungsebene.
Diese Faktoren beeinflussen nicht nur den Kaufpreis, sondern auch die Verhandlungsposition gegenüber potenziellen Käufern.
2. Unternehmensbewertung: Realistischen Preis ermitteln
Der erste Schritt beim Verkauf einer Firma ist die Unternehmensbewertung.
Die gängigsten Methoden im Mittelstand sind:
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Ertragswertverfahren – basiert auf künftigen Cashflows; steuerlich anerkannt (§ 11 BewG).
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Discounted Cash Flow (DCF) – Standard im M&A-Bereich; Diskontierung erwarteter Free Cashflows.
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Multiplikator-Methode – Marktvergleich anhand von EBITDA- oder Umsatz-Multiples.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Unternehmenswert und Kaufpreis: Letzterer ergibt sich aus Verhandlungen, Synergien und Risikobewertung des Käufers.
Mehr dazu ➡️ Unternehmensbewertung – Ein Leitfaden für Unternehmer
3. Verkaufsstrategie: Asset Deal oder Share Deal
Juristisch unterscheidet man zwei grundlegende Transaktionsformen:
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Asset Deal: Verkauf einzelner Vermögensgegenstände (Maschinen, Marken, Kundenverträge).
→ Vorteil: selektive Haftungsübertragung (§§ 25, 613a BGB). -
Share Deal: Übertragung von Geschäftsanteilen (§§ 15 GmbHG, 433 BGB).
→ Vorteil: vollständiger Eigentumsübergang, steuerlich günstiger bei Kapitalgesellschaften.
Welche Struktur die richtige ist, hängt von Rechtsform, Steuerfolgen (§ 16 EStG) und Verhandlungsposition ab.
4. Verkaufsprozess in sechs Phasen
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Vorbereitung – Analyse, Unternehmensbewertung, Datenaufbereitung.
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Vermarktung – Erstellung von Teaser und Informationsmemorandum (IM).
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Käufersuche – über Plattformen, Beraternetzwerke oder gezielte Ansprache.
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Due Diligence – rechtliche, steuerliche, finanzielle Prüfung.
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Verhandlung & Signing – Kaufvertrag, Garantien, Freistellungen.
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Closing & Übergabe – Kaufpreiszahlung, Notartermin, Besitzübergang.
Tipp: Ein erfahrener M&A-Berater kann alle Phasen koordinieren und die Kommunikation zwischen Käufer, Steuerberater und Rechtsanwalt strukturieren.
5. Due Diligence: Transparenz schafft Vertrauen
Die Due Diligence ist die zentrale Prüfungsphase. Käufer analysieren:
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Jahresabschlüsse und Finanzkennzahlen,
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Verträge mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern,
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laufende Rechtsstreitigkeiten und Gewährleistungsrisiken,
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steuerliche Sachverhalte und offene Forderungen.
Verkäufer profitieren von einer vorbereitenden Vendor Due Diligence: Sie ermöglicht die Kontrolle über den Informationsfluss und vermeidet „Red Flags“.
➡️ Due Diligence beim Unternehmenskauf – Risiken minimieren, rechtssicher handeln
6. Kaufvertrag: Garantien, Freistellungen & Haftung
Der Kaufvertrag (SPA – Share Purchase Agreement) regelt Rechte, Pflichten und Haftung.
Typische Klauseln:
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Garantien zu Jahresabschlüssen, Eigentum, Steuern.
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Freistellungen bei Altverbindlichkeiten.
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Basket & Cap – Schwellenwerte zur Haftungsbegrenzung.
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W&I-Versicherung – Übertragung des Risikos auf Versicherer.
Juristische Präzision ist entscheidend, da Unklarheiten nach § 305 BGB zulasten des Verkäufers ausgelegt werden können.
7. Kaufpreisstruktur & Earn-out-Modelle
Nicht immer wird der gesamte Kaufpreis beim Closing gezahlt.
Alternative Strukturen:
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Earn-out-Regelungen – an Umsatz- oder EBIT-Ziele gekoppelt.
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Vendor Loan – Verkäuferdarlehen zur Kaufpreisfinanzierung.
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Rollover-Beteiligung – Verkäufer behält Minderheitsanteil.
Diese Modelle sichern Liquidität und erhöhen die Attraktivität der Transaktion – vorausgesetzt, die Berechnungslogik ist eindeutig definiert.
8. Steuerliche Optimierung: Gestaltung statt Nachzahlung
Steuerlich ist beim Verkauf einer Firma entscheidend, ob natürliche oder juristische Personen veräußern.
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§ 16 EStG: begünstigte Besteuerung von Veräußerungsgewinnen.
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§ 34 EStG: Fünftelregelung bei außerordentlichen Einkünften.
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§ 13a/b ErbStG: steuerliche Vergünstigungen bei Übertragungen im Familienverbund.
Eine frühzeitige Einbindung des Steuerberaters ist Pflicht, insbesondere zur Optimierung der Haltefristen und zur Vermeidung von Doppelbesteuerung.
9. Kommunikation & Change Management
Ein unterschätzter Erfolgsfaktor: die interne Kommunikation.
Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten sollten zum richtigen Zeitpunkt informiert werden, um Vertrauen zu sichern.
Transparente Botschaften, abgestimmte Q&A-Dokumente und eine geplante Übergabephase mit neuem Management verhindern Fluktuation und Gerüchte.
Mehr dazu ➡️ Kommunikation in der Nachfolge: Stakeholder & Mitarbeiter richtig einbinden
10. Fazit
„Eine Firma zu verkaufen heißt, Verantwortung zu übergeben – strategisch, rechtlich und emotional. Wer rechtzeitig plant, steuerliche und rechtliche Aspekte integriert und auf fundierte Beratung setzt, erzielt nicht nur einen fairen Preis, sondern sichert den Fortbestand seines Lebenswerks. Eine gute Nachfolge ist immer auch ein neues Kapitel unternehmerischer Kontinuität.“