
Einleitung
Die Rolle von Private Equity im Mittelstand hat sich in den letzten Jahren tiefgreifend verändert. Wo früher klassische Buyouts dominierten, treten heute flexible Strukturen wie Minority Investments, Roll-over-Beteiligungen und Club Deals in den Vordergrund. Für Unternehmer, die ihre Unternehmensnachfolge strategisch planen, bietet diese Entwicklung attraktive Möglichkeiten – aber auch rechtliche und finanzielle Fallstricke.
Gerade im deutschen Mittelstand, wo Familienunternehmen stabile Cashflows und ein starkes operatives Fundament mitbringen, suchen Private Equity-Investoren zunehmend nach individuellen Beteiligungsmodellen, die Governance, Kontrolle und Exit-Strategien intelligent verzahnen.
1. Strukturoptionen im Überblick: Buyout, Minority & Roll-over
Ein klassischer Buyout bezeichnet den vollständigen Erwerb eines Unternehmens durch einen Finanzinvestor. Beim Minority Investment hingegen übernimmt der Investor nur eine Minderheitsbeteiligung – meist zwischen 20 % und 49 % – und bleibt damit unterhalb der Sperrminorität.
Das Roll-over-Modell hat sich zu einer der beliebtesten Nachfolgestrategien entwickelt: Der Verkäufer bleibt über eine Holdingstruktur mit einem Teil seiner Anteile investiert, partizipiert am zukünftigen Wertzuwachs und profitiert von einer zweiten Veräußerungsrunde beim späteren Exit.
Ein weiteres Modell sind Club Deals, bei denen mehrere Private Equity-Häuser oder Family Offices gemeinsam investieren, um Risiko und Expertise zu teilen. Diese Transaktionsform ist besonders im gehobenen KMU-Segment verbreitet.
2. Governance und Mitspracherechte
Mit dem Einstieg eines Private Equity-Investors verändert sich die Governance-Struktur erheblich.
Typische Regelungsbereiche:
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Zusammensetzung und Vetorechte im Beirat oder Advisory Board
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Zustimmungsvorbehalte bei strategischen Entscheidungen (z. B. Akquisitionen, Dividendenpolitik, Budgetplanung)
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Tag-along- und Drag-along-Klauseln zur Mitverkaufsregelung
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Anti-Dilution- und Exit-Präferenzrechte
Bei Minority Investments spielt das Gleichgewicht zwischen Kontrolle und operativer Freiheit eine entscheidende Rolle. Eine klare Governance-Matrix sollte daher bereits im Shareholders’ Agreement fixiert werden, um spätere Konflikte zu vermeiden.
3. Bewertungslogik und Deal-Struktur
Private Equity im Mittelstand folgt in der Regel einer ertragsbasierten Bewertung.
Der zentrale Referenzwert ist das EBITDA-Multiple – ein Vielfaches des nachhaltigen operativen Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.
Die Höhe dieses Multiples hängt von Faktoren wie:
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Marktposition und Cashflow-Stabilität
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Branchenbenchmark
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Nachfolgeplanung und Managementqualität
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Wachstumsstory und Exit-Perspektive ab.
In der Praxis sind Multiplikatoren zwischen 6× und 10× EBITDA üblich, abhängig von Unternehmensgröße und Risikoprofil.
Eine präzise Kaufpreisallokation (PPA) ist essenziell, um stille Reserven, Goodwill und steuerliche Abschreibungspotenziale korrekt abzubilden.
4. Finanzierung: Leverage & Mezzanine
Private Equity-Transaktionen werden typischerweise über Leveraged Buyouts (LBOs) finanziert. Dabei wird ein erheblicher Teil des Kaufpreises über Bankdarlehen, Mezzanine-Kapital oder Vendor Loans abgedeckt.
Ein professioneller Businessplan ist hier unerlässlich, um Banken und Investoren von der Tragfähigkeit der Kaufpreisfinanzierung zu überzeugen.
Wesentliche Bausteine:
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Cashflow-Projektionen über 3–5 Jahre
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Sensitivitätsanalysen
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Debt-Service-Coverage-Ratio (DSCR)
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Exit-Multiple-Simulation
Zudem sind Warranty & Indemnity (W&I)-Versicherungen inzwischen Standard, um Haftungsrisiken zu minimieren und den Signing-to-Closing-Prozess zu beschleunigen.
5. Exit-Strategien: Trade Sale, Secondary Buyout, IPO
Private Equity-Investoren planen von Beginn an ihren Exit – meist nach 4 bis 7 Jahren.
Typische Szenarien:
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Trade Sale an einen strategischen Käufer,
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Secondary Buyout an ein anderes PE-Haus,
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oder ein IPO (Börsengang).
Im Mittelstand dominiert der Trade Sale, da der Käufer hier oft Synergieeffekte realisieren kann. Entscheidend ist die vertragliche Festlegung einer Exit-Präferenz, die sowohl Verkäufer als auch Minderheitsgesellschafter absichert.
6. Integration und Governance nach dem Deal
Nach dem Closing beginnt die entscheidende Phase: die Integration.
Ein klarer Integrationsplan mit definierten KPIs, Reporting-Struktur und Kommunikationsmatrix ist unverzichtbar.
Gerade bei Roll-over-Strukturen müssen die Interessen von Altgesellschaftern und Investoren sorgfältig austariert werden.
Ein professionelles Controlling, kombiniert mit regelmäßigen Beiratssitzungen, sichert Transparenz und Vertrauen – zentrale Erfolgsfaktoren jeder Firmenübernahme oder Geschäftsübernahme.
7. Weiterführende Fachbeiträge
➡️ Private Equity im Mittelstand: Chancen, Risiken und aktuelle Herausforderungen
➡️ Hier finden Sie Ihr Unternehmen ➡️
Schlussabschnitt
Die Einbindung von Private Equity im Mittelstand ist längst kein Tabu mehr, sondern ein professionelles Instrument für nachhaltige Unternehmensentwicklung.
Ob Minority Investment, Roll-over oder Club Deal – entscheidend ist die klare Regelung von Governance, Bewertung und Exit-Mechanismen.
Wer frühzeitig erfahrene M&A-Berater und Rechtsanwälte hinzuzieht, schafft die Grundlage für eine strukturierte, rechtssichere und wertsteigernde Nachfolgelösung.
FAQ
Wann ist der Verkauf an PE sinnvoll?
Wenn Wachstumskapital, Professionalisierung oder ein internationaler Partner benötigt werden.
Wie funktioniert ein Roll-over?
Der Verkäufer behält eine Minderheitsbeteiligung über eine Holding und partizipiert beim späteren Exit.
Welche Exit-Strategien verfolgen PE-Häuser?
Trade Sale, Secondary Buyout oder Börsengang – je nach Marktfenster und Renditeerwartung.
Wie bewerten PE-Investoren KMU?
Primär über das EBITDA-Multiple und qualitative Faktoren wie Management, Marktstellung und Cashflow-Stabilität.