Unternehmensbewertung Multiples – Richtwerte für Mittelständler

Die Unternehmensbewertung mittels Multiples zählt zu den etabliertesten Methoden im Mittelstand, um den Wert eines Unternehmens schnell und marktorientiert zu bestimmen. Sie basiert auf real erzielten Marktpreisen vergleichbarer Transaktionen und wird von Investoren, Banken und M&A-Beratern gleichermaßen genutzt.

Gerade beim Unternehmensverkauf hilft das Verständnis von Multiplikatoren – etwa EBIT Multiples oder EBITDA-Multiples –, um den realistischen Preisrahmen zu ermitteln und in Verhandlungen fundiert aufzutreten.


1. Was sind Multiples und warum sind sie so relevant?

Ein Multiple ist ein Bewertungsfaktor, der die Relation zwischen einem finanziellen Kennwert (z. B. EBIT oder EBITDA) und dem gesamten Unternehmenswert herstellt. Die Formel lautet:

Unternehmenswert=EBIT×MultipleUnternehmenswert = EBIT \times Multiple

Das Verfahren eignet sich insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, da es die Marktpraxis widerspiegelt. Je nach Branche, Ertragskraft und Wachstumsperspektive variieren die Multiples erheblich – von 3x bis über 10x EBIT.

➡️ EBIT Multiples – Unternehmensbewertung für Profis erklärt

 

2. Die wichtigsten Multiples im Überblick

EBIT Multiple

Das EBIT Multiple (Earnings Before Interest and Taxes) gilt als Kernkennzahl für den operativen Ertrag. Es eignet sich besonders, wenn Finanzierung und Steuern branchenüblich sind.

EBITDA Multiple

Das EBITDA Multiple (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) neutralisiert Abschreibungen und ist bei kapitalintensiven Unternehmen aussagekräftiger.

Umsatz Multiple

Bei Start-ups oder wachstumsstarken Dienstleistern dient der Umsatz-Multiplikator als Referenz, meist zwischen 0,5x und 2x.

Equity Value Multiple

Misst den Wert des Eigenkapitals im Verhältnis zum Gewinn – häufig bei Beteiligungstransaktionen (Management-Buy-In, Management-Buy-Out) relevant.


3. Branchenabhängige Richtwerte im Mittelstand

Multiples hängen stark von der Branche, Ertragslage und Unternehmensgröße ab. Nach dem PwC-Multiples-Report 2025 gelten folgende Durchschnittswerte:

Branche EBIT-Multiple EBITDA-Multiple Bewertungstrend
Maschinenbau 5,5x – 7,0x 6,0x – 8,0x stabil
IT & Software 8,0x – 12,0x 9,0x – 14,0x steigend
Handel & Dienstleistungen 4,0x – 6,0x 4,5x – 6,5x leicht steigend
Gesundheitswesen 6,0x – 9,0x 7,0x – 10,0x wachsend
Handwerk & Produktion 3,5x – 5,0x 4,0x – 5,5x stabil

Diese Werte dienen als Marktorientierung – sie ersetzen keine individuelle Unternehmensbewertung, geben aber eine belastbare Bandbreite für Preisverhandlungen.


4. Einflussfaktoren auf den Multiple

Der Multiple wird nicht zufällig bestimmt, sondern spiegelt die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens wider. Entscheidend sind:

  • Ertragskraft: stabiles und nachvollziehbares EBIT

  • Wachstumsperspektive: Marktposition und Expansion

  • Risiko & Verschuldung: geringes Fremdkapital = höheres Multiple

  • Branche & Wettbewerb: Markteintrittsbarrieren, Margenstärke

  • Managementqualität: Nachfolgeregelung, Know-how, Abhängigkeiten

Käufer reduzieren den Multiple bei unklarer Nachfolgesituation oder ausbaufähiger Rentabilität – ein häufiger Fall im deutschen Mittelstand.

➡️ Unternehmensbewertung DCF & Multiplikator – einfach erklärt

 

5. Berechnungsbeispiel: Unternehmenswert nach Multiples

Ein mittelständisches Dienstleistungsunternehmen erzielt ein EBIT von 1 000 000 €.
Der Markt-Multiple für die Branche beträgt 6,5x.

1.000.000×6,5=6.500.0001.000.000 € \times 6,5 = 6.500.000 €

Dieser Wert repräsentiert den Enterprise Value. Zur Ermittlung des Equity Value müssen Schulden abgezogen und liquide Mittel addiert werden.

Beispiel:
Schulden: 800 000 €
Liquide Mittel: 200 000 €

6.500.000800.000+200.000=5.900.0006.500.000 - 800.000 + 200.000 = 5.900.000 €

Der Unternehmenswert beträgt somit rund 5,9 Mio. € – eine praxisnahe Grundlage für Verhandlungen im Unternehmenskaufvertrag.


6. Praxis: Multiples im Mittelstand richtig interpretieren

Im Mittelstand dienen Multiples nicht nur der Preisermittlung, sondern auch als Kommunikationsinstrument. Käufer, Banken und Investoren nutzen sie zur schnellen Beurteilung, Verkäufer zur Begründung des Preises.

Ein häufiger Fehler: Multiples aus Großkonzernen werden 1:1 auf kleine Unternehmen übertragen.
KMU benötigen stets eine individuelle Bewertung, die ihre spezifischen Risiken und Chancen abbildet.

➡️ Unternehmensbewertung – Methoden, Marktansätze und juristische Best Practices

 

7. Kombination von DCF- und Multiplikatorverfahren

Professionelle Gutachter kombinieren das Multiplikatorverfahren mit der Discounted-Cashflow-Methode (DCF).
Während DCF den Unternehmenswert auf Basis zukünftiger Zahlungsströme ermittelt, verankert das Multiplikatorverfahren diesen im Marktvergleich.

Der Vorteil liegt in der Plausibilisierung: Weicht der DCF-Wert deutlich vom Multiplikatorwert ab, ist eine Anpassung oder Sensitivitätsanalyse sinnvoll.


8. Wann eine externe Bewertung sinnvoll ist

Bei Nachfolgeprozessen, Erbregelungen oder Gesellschafterstreitigkeiten ist eine unabhängige Bewertung durch einen zertifizierten M&A-Berater oder Wirtschaftsprüfer ratsam.

Diese Experten verfügen über:

  • Zugriff auf aktuelle Transaktionsdatenbanken,

  • juristische Expertise zur Dokumentation nach IDW S1,

  • Kenntnisse zu Kapitalbedarf und Finanzierungsstruktur.

Eine professionelle Bewertung erhöht die Verhandlungsstärke und schafft Transparenz gegenüber Banken und Investoren.


Autorenbox (E-E-A-T)

Verfasst von Jürgen Penno, Dipl. Betriebsw. (FH) – Redaktion firmenzukaufen.de

Jürgen Penno ist Experte für Unternehmensbewertung, Unternehmensnachfolge und M&A-Kommunikation.
Seit 2006 begleitet er Unternehmer, Investoren und Berater bei Firmenübernahmen, Geschäftsübernahmen und Kapitalbedarfsanalysen über firmenzukaufen.de.

Fachliche Kompetenz: Spezialist für EBIT Multiples, Bewertungsmethoden und Unternehmenskaufvertrag.
Langjährige Erfahrung in Deutschland und international. Redaktionelle Verantwortung für über 200 Fachbeiträge.


FAQ – Häufige Fragen zur Unternehmensbewertung mit Multiples

1. Wie bestimme ich Multiples?
Durch Marktvergleiche ähnlicher Transaktionen, Branchenreports oder M&A-Datenbanken.

2. Welche Branchenbenchmarks gibt es?
IT-Unternehmen liegen meist über 10x EBIT, während Handwerksbetriebe zwischen 3x und 5x bewertet werden.

3. Wie beeinflusst EBITDA den Wert?
Je höher das EBITDA, desto stabiler der Cashflow – das führt zu höheren Multiples.

4. Wie berechne ich den Unternehmenswert praxisnah?
EBIT oder EBITDA mit dem entsprechenden Branchen-Multiple multiplizieren und Nettofinanzverbindlichkeiten berücksichtigen.

5. Welche Tools helfen?
Bewertungstools von firmenzukaufen.de, PwC Multiples Reports und IHK-Rechner bieten Orientierung.

6. Wann ist externe Bewertung sinnvoll?
Bei komplexen Eigentumsverhältnissen, Gesellschafterwechseln oder Erbfällen.

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